RMA 2024: Ohne Planung kein Risikomanagement

Editorial im Controller Magazin

Liebe Leserinnen und Leser,

Herbstzeit ist Planungs- und Budgetzeit. In den letzten Wochen haben viele Firmen das übliche Prozedere durchlaufen: der letzte Forecast wird erstellt, man merkt, dass die Planung für das laufende Geschäftsjahr der Realität dann doch hinterherhinkt und hofft mehr oder weniger, dass das letzte Quartal noch irgendwie zu einer Verbesserung beiträgt. Der Druck ist groß, weil Vorstand, Aufsichtsrat und Shareholder schon ganz genau wissen wollen, wie es aus- und weitergeht. Daher ist die Praxis oft so, dass in kurzer Zeit die Controlling- and Accountingteams so beschäftigt sind, Zahlen und Daten zusammen zu tragen, dass wenig Zeit für Reflexion und Analyse bleibt. Das Targetsetting und Budget für das kommende Jahr müssen schließlich pünktlich fertig werden. Wie gut dabei Chancen und Risiken bewertet sind, fällt dabei oft unter den Tisch. Am Ende steht ein Budget, was nächstes Jahr dann doch wieder je nach Geschäftslage mehr oder weniger hohe Planabweichungen aufweist. Wenn diese erkannt werden, sind meist ad hoc Maßnahmen wie kurzfristige Kosteneinsparungen angesagt. Auch diese werden mangels klarer Daten pauschal vorgenommen und das Spiel wiederholt sich. Um dem Problem Herr zu werden versucht man, mit rollierender Planung und Forecasts zu vermeiden, dass es offensichtlich wird, dass unsere 12 Monatseinschätzungen nicht wirklich treffen.

Warum kommen wir immer wieder in diese Situation?

Ein wesentlicher Grund ist tatsächlich, dass nur wenige Unternehmen ein entwickeltes Risikomanagementsystem haben, das Risiken auf die Planung früh erkennt, diese quantifiziert aufweist und Simulationen bereit stellt, wie Risikofaktoren auch aggregiert sich auf die Planung auswirken. Dabei ist eine fundierte Chancen- und Risikobetrachtung essentiell, um die Verlässlichkeit der Planungsprämissen zu bewerten. Diese Transparenz würde zur besseren und gezielten Steuerung führen und damit die Volatilität der Ergebnisse reduzieren.

„Aber die Zukunft ist doch unsicher. Wenn ich das wüsste, wäre ich doch Millionär und bräuchte doch nicht den Job zu machen, den ich machen muss“, höre ich oft in Gesprächen.

Ja genau, denke ich, Du hast gerade ausgedrückt, dass Du einen Risikomanager haben möchtest. Führt Risikomanagement zu einer Zunahme von Millionären? Nein, kleiner Scherz, aber die Techniken des Risikomanagements bewerten Unsicherheit, setzen Risikofaktoren in den richtigen Kontext und zeigen auf, wie sicher oder unsicher man wirklich ist. Oft werden Risikofaktoren über- oder unterbewertet. Emotionen und die Neigung zur Risikoblindheit spielen dabei eine Rolle, oft reicht es aber aus, sich Zeit zur Reflexion und die Zusammenstellung der Daten und Faktenlage zu nehmen. Und ganz wichtig, diese nicht einfach mit Heatmaps irgendwie als hoch oder niedrig darzustellen, sondern sich die Mühe zu machen zu quantifizieren. Leider kommt man da nicht ohne Stochastik und Wissen über Simulationstechniken aus. Ein paar davon hat man in seiner Ausbildung oder Studium gehört, einmal abgearbeitet und vergessen.

Wie komme ich nun dazu, mir diese Kenntnisse wieder aufzufrischen, mit wem kann ich mich offen austauschen und Lösungen aus der Praxis erfahren? Da kommen dann wir als RMA Risk Management & Rating Association e.V. ins Spiel, als Verband, der sich als Plattform sieht, alle Disziplinen im Risikomanagement, Rating und Krisenmanagement abzubilden. Mit den gemeinsam mit der Wissenschaft entwickelten Weiterbildungen, der Basisqualifikation zum Enterprise Risk Manager (univers.), bis zu praxisbezogenen Webinaren. In den Arbeitskreisen treffen wir uns mit Expert*innen und Kolleg*innen mit den gleichen Herausforderungen.

Für viele Leser*innen dieses Magazins (und natürlich unsere Mitglieder) jetzt vielleicht keine neue Erkenntnis. Allerdings bewegen wir uns ständig weiter und setzen uns mit immer neuen Themen auseinander, daher ist ein Blick auf unsere Website (www.rma-ev.org) und unser Newsletter immer interessant.

Ein konkretes Thema bewegt uns in diesem Jahr mit der Herausforderung, ob denn Nachhaltigkeit in der betrieblichen Planung berücksichtigt wird und wie man das machen kann. Das „Kann“ hier ist für die größeren Unternehmen zunehmend ein „Muss“. Mit der CSRD muss schließlich berichtet werden, wie sich Unternehmen mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Es ist eine Vorschrift, die verkürzt gesagt, die unternehmerische Entscheidung zu Nachhaltigkeitshemen transparent macht. Dies führt zu Chancen und Risiken, die ebenfalls transparent dargestellt werden müssen. Speziell die Ermittlung der Ziele und der Risikobewertung im Rahmen der Stakeholder und Wesentlichkeitsanalyse setzt eine enge Verzahnung von Planung, Nachhaltigkeits- und Risikomanagement voraus. Im RMA Arbeitskreis ESG diskutieren wir darüber, wie man das gestalten kann, in den Arbeitskreisen Risikoquantifizierung und Rating über die notwendigen Techniken. Mit unserem neuen Arbeitskreis „KI und Risikomanagement“ schlagen wir ein weiteres Kapitel auf, was mit großer Geschwindigkeit auf Unternehmen und Gesellschaft wirkt.

Wir laden Sie ein, in den Arbeitskreisen mitzuarbeiten, Ihre Themen zu platzieren und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Wenn Sie sich nicht trauen oder erst einen Überblick verschaffen wollen, dann kommen Sie doch zu unserem nächsten RMA Risk Management Congress am 12./13.05.2024 in Stuttgart. Ach ja, und natürlich können Sie mich gern auch direkt ansprechen.

Um auf unser Eingangsthema zurückzukommen. Wenn Sie für einen Geschäftsbereich oder Funktionen wie Finanzen zuständig sind, sich mit Planung und Controlling beschäftigen, dann sind auch Sie „Risikomanager“, denn ohne Planung kein Risikomanagement und Entscheidungen unter Unsicherheit fällt man am besten mit einer sorgfältigen und aussagekräftigen Risikoanalyse.

Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

 

Mit den besten Grüßen

Michael Jahn-Kozma