Risikomanagement nicht nur auf dem Papier ordnen

Nachgefragt bei Ralf Kimpel, Vorstandsvorsitzender der RMA Risk Management & Rating Association e.V.


Risikomanagement nicht nur auf dem Papier ordnen

Wie kann der Verband der Risikomanager in diesen Krisenzeiten Hilfestellungen für Unternehmen leisten?

Ralf Kimpel: Jede Menge. Im Rahmen unserer Verbandsarbeit setzen wir auf ein breites Spektrum an Themen, die sich auf der aktuellen Risikolandkarte ablesen lassen. Seien es Finanzrisiken, Lieferkettenprobleme, Cybergefahren oder Risiken rund um die Energieversorgung. Zu all diesen Themen arbeiten wir in Expertengremien mit Unternehmen des Mittelstandes und auf Konzernebene zusammen. Dieser regelmäßige Austausch ermöglicht ein Blick hinter die Kulissen ganzer Branchen und gibt Unternehmensvertretern wichtige Impulse und Ideen für ihre eigene Risikomanagementarbeit. Im Grunde blicken wir mit unserer Verbands- und Gremienarbeit über den Tellerrad der eigenen Organisation. Dies ist ein wichtiger Faktor unserer Verbandsarbeit, um das Thema des Risikomanagements aus der grauen Theorie in die gelebte Praxis zu heben. 

Was empfehlen Sie Unternehmensvertretern mit Blick auf das eigene Risikomanagement?

R. Kimpel: Wir empfehlen Unternehmensvertretern, ihr Risikomanagement nicht nur auf dem Papier zu ordnen. Das heißt, ein gelebtes Gesamtrisikomanagement ist für Organisationen heute unerlässlich, erlaubt es doch bei einer professionellen Herangehensweise den Blick nach vorne zu richten. Damit einhergehen nicht nur juristische Fragen samt Aufsichts-, Überwachungspflichten. Es geht vielmehr darum, ein Unternehmen vor einer möglichen Krise das notwendige Rüstzeug für den Ernstfall mitzugeben sowie die notwendigen Schritte und Prozesse darauf auszurichten. Denn ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, sprich tritt das Risiko ein, ist es meist zu spät, um sich dann über ein mögliches Risikomanagement Gedanken zu machen. Von daher sehen wir ein aktives Management potenzieller Risiken als unerlässlich an, um als Organisationen im Fall der Fälle handlungsfähig zu bleiben und nachhaltig zu agieren. Dieser Fall wird kommen, früher oder später. Und dann zeigt sich, wer in Sachen Risikomanagement seine Hausausgaben gemacht hat und trotz Krise die Chancensicht nicht verliert.

Haben Sie hierzu ein konkretes Beispiel für diese Hausaufgaben?

R. Kimpel: Ein Gesamtrisikomanagement muss in der eigenen Organisation leben. Das klingt zunächst trivial, ist es aber nicht. Denn der gesamte Prozess steht und fällt mit den Menschen, die im Unternehmen arbeiten. Das heißt, sind die Mitarbeiter nicht Teils des Risikomanagements, ist der gesamte Prozess zum Scheitern verurteilt. Im Umkehrschluss heißt das: Jeder Einzelne ist eine Art Risikomanager für seinen Bereich. Denn auf die eigenen Kolleginnen und Kollegen in den Abteilungen kommt es an, wenn Risikomanagement ganzheitlich im Unternehmen funktionieren soll. Von daher sollten Unternehmen in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren. Hierzu gehören auch Awareness-Maßnahmen und regelmäßige Informationskampagnen für die Mitarbeiter. Gelingt das, können Unternehmen die eigene Firmenkultur merklich verbessern. Ein Umstand, von dem letztendlich die gesamte Organisation profitiert.

Darüber hinaus müssen Entscheider eben Entscheidungen treffen. Nehmen wir das Beispiel der Lieferengpässe. Diese treten nicht erst seit der Corona-Pandemie auf. Schon im Zuge der Nuklearkatastrophe von Fukushima im 2011 war die Verwundbarkeit internationaler Lieferketten deutlich spürbar. Von daher müssen sich Unternehmen konkret die Frage stellen, ob Lieferantenketten rund um den Globus gespannt werden müssen oder ob es nicht Alternativen in Europa oder gar Deutschland gibt. Diese Alternativen scheinen auf den ersten Blick teurer, aber im Zuge zunehmender Krisen, Kriege und Handelsbeschränkungen, haben solche Überlegungen durchaus ihre Berechtigung. Ganz zu schweigen von wichtigen Aspekten der Nachhaltigkeit, die bei Arbeitsbedingungen vor Ort anfangen und bei langen Transportwegen mit einem hohen CO2-Ausstoß noch nicht aufhören. 

Nun startet der kommende Risk Management Congress, kurz RMC, wieder als Präsenzveranstaltung im Mai in München. Wie wichtig sind für Sie solche Treffen?

R. Kimpel: Dass der kommende RMC nach zwei Jahren wieder in Präsenz stattfinden kann, ist für uns eine Erleichterung. Schließlich handelt es sich bei diesem Jahrestreffen der Risikomanager um unsere wichtigste Veranstaltung im Jahr, zu der regelmäßig die führenden Risikomanager aus dem deutschsprachigen Raum kommen. Neben dem Austausch zu neuen Themen und Entwicklungen aus dem Risikomanagementumfeld erfahren die Teilnehmer auch jede Menge Praxisberichte aus erster Hand. Das heißt, Unternehmensvertreter berichten aus der Praxis und geben damit wichtige Impulse und Ideen für die Teilnehmer und deren tägliche Arbeit weiter. Nicht zu vergessen ist das Networking untereinander, das den Charakter des RMC prägt und von dem die Veranstaltung neben den theoretischen und praktischen Ausführungen der Vortragenden schließlich auch ein Stück weit lebt. 

 

Risk Management Congress 2022 

Die RMA Risk Management & Rating Association e.V., die unabhängige Interessenvertretung für die Themen Risikomanagement und Rating im deutschsprachigen Raum, veranstaltet am 16. und 17. Mai 2022 den kommenden Risk Management Congress (RMC) in München. Im Mittelpunkt der zweitägigen DACH-weiten Risikomanagementkonferenz steht die Chancensicht – in Zeiten weltweiter Kriege, Krisen und Katastrophen. Ganz in diesem Sinne geht es um die umfassende Wissensvermittlung zu den Themen Risikomanagement, Compliance und Governance von Experten für Experten und Entscheider – in Theorie und mit einem klaren Praxisbezug.

Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten zum Risk Management Congress 2022: https://rma-ev.org/rmc2022